Assistierter Suizid: Österreichische Palliativgesellschaft fordert Änderung des Sterbeverfügungsgesetzes

Palliativmediziner:innen und andere Beschäftigte in Palliativeinrichtungen werden in ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich Palliative Care zu betreiben, behindert.

Knapp 12 Monate nach Inkrafttreten des Sterbeverfügungsgesetzes (StVfG) mit Jahresbeginn besteht in der Praxis noch immer große Unsicherheit, wie Anfragen um assistierten Suizid begegnet werden soll.Die verbreitete Unsicherheit spiegelt sich auch auf ASCIRS, der Berichts- und Meldeplattform der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) für Ereignisse im Zusammenhang mit einem assistierten Suizid (www.ascirs.at), wider. Viele der meldenden Fachpersonen (Ärzt:innen, Psycholog:innen, Therapeut:innen Apotheker:innen und Pflegepersonen) berichten von Überforderung, fehlenden Handlungsanweisungen durch die Arbeitgeber und entsprechender Unsicherheit ganzer Palliativteams.

Eine große Problematik besteht laut Dr. Dietmar Weixler, MSc, Präsident der OPG, darin, dass Palliativeinrichtungen die „angefragten Leistungen im Sinne einer umfassenden Betreuung und Begleitung von Menschen mit schweren Erkrankungen aufgrund fehlender Ressourcen nicht in dem gewünschten Umfang erbringen können und gleichzeitig von einem Anliegen erdrückt werden, für das sie sich in ihrem Selbstverständnis gar nicht zuständig fühlen.“ Gemeint ist damit die Rolle von Palliativmediziner:innen als „Aufklärende zum Assistierten Suizid im Zuge des StVfG“.

Palliative Care bejaht das Leben bis zuletzt mithilfe optimaler Betreuung und Symptomlinderung durch ein multiprofessionelles Team, in dem unterschiedliche Berufsgruppen – Ärzt:innen, Pflegepersonen, Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Physio- und Ergotherapeut:innen, Diätolog:innen und Seelsorger:innen – bei der Behandlung der Patient:innen eng kooperieren. Für Menschen, die in Palliative Care arbeiten und ihre Arbeitszeit zum Großteil am Krankenbett verbringen, „stellt eine Involvierung der Palliativmedizin in assistierten Suizid und Sterbeverfügung einen Kontrast zu ihrem täglichen Erleben dar, in dem die Zuwendung und Linderung von Leid und Verzweiflung im Vordergrund stehen,“ sagt Dr. Weixler.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2020 ist zu respektieren. Bleibt das StVfG in seiner aktuellen Fassung bestehen, sollte deren Umsetzung an spezialisierte, unabhängige Einrichtungen übertragen werden. Darin könnten sich auch (Palliativ-) Mediziner:innen im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit involvieren. „Mobile Palliativteams, Palliativkonsiliardienste, Hospize und Palliativstationen in Krankenhäusern sollen sich aber nicht an assistiertem Suizid und Sterbeverfügung beteiligen“, stellt Dr. Weixler klar.

Forderungen der OPG:

  • Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung, um eine körperliche, psychische und soziale Linderung von belastenden Beschwerden gewährleisten zu können.
  • Adaptierung des StVfG 2022 aufgrund des untragbaren Rollen-, Werte- und Zielkonflikts der Palliativmediziner:innen.
  • Einsetzen einer staatlichen unabhängigen Expert:innenstelle zur Aufklärung im Sinne des StVfG 2022.

Nur so sei es für Palliativmediziner:innen möglich, resümiert Dr. Weixler, „endlich wieder ‚normale‘ Palliativversorgung zu machen, statt als Notbremse in einemproblematischen Gesetz fungieren zu müssen“.

Terminankündigung
Am 11. Jänner 2023 bietet die OPG ein Webinar unter dem Titel „Töte sich wer kann? ASCIRS – Erfahrungen nach einem Jahr Sterbeverfügungsgesetz“ an. ASCIRS ist eine von der OPG eingerichtete Berichts- und Meldeplattform für Ereignisse im Zusammenhang mit einem assistierten Suizid (www.ascirs.at). Das Webinar findet von 17.00 bis 18.30 Uhr statt. Detailinformationen und die Möglichkeit der Anmeldung finden sich auf der OPG-Website https://www.palliativ.at

Rückfragen und Kontakt:
Österreichische Palliativgesellschaft (OPG)
Dr. Dietmar Weixler, MSc (Palliative Care)
E-Mail: office@palliativ.at

© privat / Dr. Dietmar Weixler, MSc (Palliative Care): „Palliativmediziner:innen wollen nicht als Notbremse in einem problematischen Gesetz herhalten.“

Quelle: Presseaussendung der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG)