Brennpunkt Rückenschmerz

Rückenschmerzen sind eine der Hauptursachen für körperliche Funktionseinschränkungen und Arbeitsunfähigkeit. Fast zwei Millionen Österreicher*innen leiden darunter. Eine Zahl, die pandemiebedingt noch weiter nach oben klettert.

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Unglaubliche 1,9 Millionen Menschen kämpfen in Österreich mit akuten und chronischen Rückenleiden. Die Volkskrankheit betrifft damit ein Fünftel aller Staatsbürger*innen – Frauen und Männer gleichermaßen. Rezente Daten aus Deutschland beziffern die damit verbundenen jährlichen direkten und indirekten Kosten mit rund € 30.000 pro Person. „Kreuzschmerz“ ist damit nicht länger ein individuelles, sondern ein sozioökonomisch-gesellschaftspolitisches Problem. Lösungsvorschläge gäbe es genug. Etwa die 2018 aktualisierte nationale Versorgungsleitlinie „unspezifische Kreuzschmerzen“ oder den 2020 beschlossenen österreichischen Qualitätsstandard „unspezifischer Rückenschmerz“, in welchen auf elementare Aspekte wie koordinative Netzwerke und Präventivversorgung eingegangen wird.

Die flächendeckende Umsetzung dieser Leitlinien zur zeitnahen Diagnose und interprofessionellen, multimodalen Behandlung ist Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, MBA, MSc, Juniorpräsident der Österreichischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (ÖGPMR), Leiter der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien, zufolge längst überfällig, um dieser Situation Herr zu werden. Im Rahmen eines von der ÖGPMR organisierten Pressegesprächs erörterte Prof. Crevenna gemeinsam mit Prim. Dr. Roland Celoud, F.E.B.PRM., Präsident der ÖGPMR, Institutsleiter Physikalische und Rehabilitative Medizin, Landesklinikum Horn-Allensteig und Prim. Dr. Christian Wiederer, Seniorpräsident der ÖGPMR, ärztlicher Direktor Klinikum am Kurpark Baden für Orthopädie und Rheumatologie, deshalb jüngst bestehende Herausforderungen zu dieser Thematik.

Home-Office-Hals und Corona

Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Prävalenz für Rückenschmerzen im Erwachsenenalter Pandemie-bedingt um weitere 8 % gestiegen ist. Schuld daran sind vor allem suboptimale Arbeitsbedingungen im Home-Office, Bewegungsmangel und Stress. Bei Kindern wurde zur gleichen Zeit ein zunehmender Gebrauch von iPhone und Co. verzeichnet. So stieg die tägliche Nutzungszeit digitaler Medien um durchschnittlich eine Stunde, bei Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren sogar um 110 Minuten. Verhaltensweisen deren Konsequenzen sich erst im späteren Leben manifestieren und uns laut Prim. Celoud noch viele Jahrzehnte beschäftigen werden.

Mit Long-Covid assoziierten Rückenschmerzen gesellt sich unlängst eine weitere Komplikation hinzu, deren adäquate Behandlung ein hohes Maß an Flexibilität verlangt. Schon jetzt weisen knapp 30 % der Neuaufnahmen am Kurklinikum Baden eine positive Covid-Historie auf. Prim. Wiederer betont, dass es für diese Menschen neben einer suffizienten Schmerzstillung wichtig ist ihre Funktion zu erhalten, um weiterhin aktiv am täglichen Leben teilhaben zu können. Für einige steht im Zuge der Rehabilitation deshalb Bewegung im Vordergrund, für andere hingegen Regeneration oder manuelle Therapien. Ziel der physikalischen Medizin ist es, auf alle Patient:innen gesondert einzugehen und sie auf ihrem Weg zur Schmerzfreiheit zu begleiten.

Fazit

Bewegung übernimmt eine Schlüsselfunktion in der Prävention und Behandlung von Rückenschmerzen. Sollten diese dennoch auftreten, steht mit der physikalischen Medizin ein effektives Tool für eine differenzierte Herangehensweise zur Verfügung. Letztlich liegt es in der Verantwortung der Politik die bereits verschriftlichten Maßnahmenpakete umzusetzen und eine geeignete Zukunftsstrategie zu etablieren.

Bericht: Mag. Christopher Waxenegger

Quelle: Pressegespräch, Österreichische Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation (ÖGPMR): Warum über Rückenschmerzen reden, 08. November 2022, Wien (Hybrid).