Migräne während der Menstruation

21. Österreichische Schmerzwochen: Migräneattacken während der Monatsblutung können sehr schmerzhaft sein und lange andauern. Die akuten Kopfschmerzen der menstruellen Migräne können mit Medikamenten wie nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Triptanen behandelt werden. Eine medikamentöse Migräneprophylaxe ist vor allem bei unzureichender Wirksamkeit der Akuttherapie möglich. Vorsicht ist allerdings bei Einnahme von hormonell wirksamen Verhütungsmitteln geboten.

Migräne kann während der gesamten Lebensspanne auftreten, ist aber zwischen dem 20. und dem 45. Lebensjahr am häufigsten. Frauen sind mehr als dreimal so häufig betroffen wie Männer. Die Migräneerkrankung beginnt oft in der Pubertät, wobei bei Mädchen ein starker Zusammenhang mit der ersten Menstruation besteht.

© Anna Rauchenberger

Menstruelle Migräne ist eine Migräne mit oder ohne Aura, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Menstruation steht. Die Attacken treten dabei ausschließlich in dem Zeitfenster zwei Tage vor bis zu drei Tage nach dem Einsetzen der Blutung auf. Sie sind meist gekennzeichnet durch hohe Schmerzintensität, lange Dauer und intensiven Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen. Vermutet wird, dass die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Gestagene stark auf zentrale Nervenzellen und Rezeptoren wirken, die für die Kopfschmerzen entscheidend sind. „Diese Mechanismen konnten bis dato noch nicht gänzlich wissenschaftlich geklärt werden. Eine vorbeugende Behandlung von Migräne, die mit Veränderungen des Sexualhormonspiegels einhergeht, ist häufig schwierig. Die Patientinnen erweisen sich oft als therapieresistent“, sagt Prim. PD Dr. Nenad Mitrovic, Past President der ÖSG.

Behandlung der Migräneattacke bei menstrueller Migräne

Die Akuttherapie bei Migräne während der Menstruation unterscheidet sich nicht wesentlich von der allgemeinen Therapie der Migräneattacke. Die Wirkstoffe der NSAR und aus der Gruppe der migränespezifischen Mittel, den Triptanen, sind in der Akuttherapie wirksam.

Alle Triptane können in der Therapie der menstruellen Migräne verwendet werden. Die Wahl des Triptans hängt von vielen Faktoren ab. Bei Unwirksamkeit eines Triptans soll auf ein anderes gewechselt werden. Während einer Migräneattacke sollen die Triptane nicht getauscht werden. Die Kombination eines Triptans (z. B. Sumatriptan) mit einem NSAR (z. B. Naproxen) kann mit einer besseren Wirksamkeit einhergehen. Vergleichsstudien zeigten für Frovatriptan, dass es bei gleich guter Wirksamkeit die Wiederholungsraten der Migräneattacken stärker senkt als Rizatriptan und Almotriptan. Eine weitere Studie hat gezeigt, dass die Kombination von Rizatriptan mit Dexamethason (künstliches Glukokortikoid) effektiver, aber auch nebenwirkungsreicher war als die alleinige Gabe von Rizatriptan. Laut Datenlage kann Dexamethason allein nicht empfohlen werden. „Wenn Patientinnen mit menstrueller Migräne auf die übliche Akuttherapie nicht ansprechen, so sollte geprüft werden, ob eine generelle Prophylaxe oder eine Kurzzeit-Prophylaxe notwendig sind“, empfiehlt Dr. Mitrovic.

Prophylaxe der menstruellen Migräne

Die Behandlungsoptionen für eine Kurzzeitprophylaxe sind, einen regelmäßigen Zyklus vorausgesetzt, Naproxen oder ein Triptan mit langer Halbwertszeit. Die Einnahme dieser Medikamente beginnt ein bis zwei Tage vor dem erwarteten Einsetzen der menstruellen Migräne und reicht insgesamt fünf bis sieben Tage.

„Die früher propagierte Östrogengabe über die Haut kann nicht mehr empfohlen werden. Das führt nur zu einer Verschiebung der Migräneattacken auf die Zeit nach dem Absetzen des Östrogens“, warnt Dr. Mitrovic. Als vorbeugende Maßnahme kann jedoch die kontinuierliche Gabe eines kombinierten (Östrogen und Gestagen) oralen Verhütungsmittels in Betracht gezogen werden. Es sollten dadurch die Zahl der Zyklen und somit die getriggerten Migräneattacken reduziert werden. Das sollte aber unbedingt mit der/ dem behandelnden Frauenärzt*in abgestimmt werden. Die Anwendung von oralen Kontrazeptiva gilt grundsätzlich über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren als sicher. Am wenigsten bedenklich ist der kontinuierliche Einsatz dieser Präparate bei Patientinnen mit einer Migräne ohne Aura und ohne weitere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Empfängnisverhütende Mittel mit geringem Östrogenanteil sollten bevorzugt werden. Vorsicht ist geboten, wenn Patientinnen ein erhöhtes vaskuläres Risikoprofil haben und an einer Migräne mit Aura leiden. „In dieser Konstellation können hormonelle Kontrazeptiva das Risiko für einen Schlaganfall weiter erhöhen und sollten generell nicht empfohlen werden. Ausnahmsweise können östrogenhaltige Hormonpräparate im Rahmen einer Endometriose-Therapie eingesetzt werden, eine ausführliche Aufklärung der Patientinnen sollte jedoch erfolgen“, betont Dr. Mitrovic.

Bericht: Dr. Stefan Wolfinger

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Erschienen in den Schmerz Nachrichten 2/22


21. Österreichische Schmerzwochen

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Inhaltlich orientieren sich die 21. Schmerzwochen am diesjährigen Motto der International Association for the Study of Pain (IASP): „Translating Pain Research to Practice”.


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