Österreichischer Qualitätsstandard Unspezifischer Rückenschmerz

21. Österreichische Schmerzwochen: Seit 2020 legt der „Österreichischen Qualitätsstandard Unspezifischer Rückenschmerz“ genau fest, wie Rückenschmerzpatient*innen wirksam geholfen werden kann. Die ÖSG drängt auf eine rasche flächendeckende Umsetzung der Empfehlungen.

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26 Prozent der Österreichischen Bevölkerung hat laut Statistik Austria in den letzten zwölf Monaten unter Rückenschmerzen gelitten, das sind 1,9 Millionen Betroffene. Bei den Unter-60-Jährigen klagte jeder Fünfte (20,8 Prozent) über Schmerzen, bei der Gruppe 60+ waren es mehr als jeder Dritte (38,4 Prozent). „Häufig wären diese Beschwerden vermeidbar. Mit dem Österreichischen Qualitätsstandard Unspezifischer Rückenschmerz haben wir das Knowhow, um Rückenschmerzen gut lindern oder ganz zum Verschwinden bringen zu können und die Chronifizierung von Schmerzzuständen zu verhindern. Jetzt geht es darum, dieses Wissen in die Breite zu bringen und für jede Patient*in wohnortnah zugänglich zu machen“, fordert OÄ Dr. Waltraud Stromer, Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) anlässlich der 21. Schmerzwochen der ÖSG.

Konzept für optimale Versorgung liegt auf dem Tisch

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Um Rückenschmerzpatient*innen künftig wirkungsvoll und strukturiert zu behandeln, hat die Bundes-Zielsteuerungskommission im April 2020 den Qualitätsstandard „Unspezifischer Rückenschmerz“ beschlossen und veröffentlicht. „Das ist ein Meilenstein für die flächendeckende Schmerzversorgung in Österreich“, betont ÖSG-Past-Präsident Prim. PD Dr. Nenad Mitrovic. Der „Qualitätsstandard“ bietet 14 Empfehlungen für den Ablauf von Diagnose, Therapie und Nachbehandlung von Patient*innen mit unspezifischen Rückenschmerzen. Die Empfehlungen basieren auf dem Konzept einer abgestuften Versorgung auf drei Ebenen. Das reicht von der Basisversorgung durch Ärzt*innen für Allgemeinmedizin, zur Überweisung an Fachärzt*innen bis hin zur Versorgungsebene III, die beispielsweise ein interdisziplinäres Schmerzzentrum, eine Reha-Einrichtung oder Tagesklinik sein kann. Mit dieser strukturierten Versorgung soll dafür gesorgt werden, dass Rückenschmerzpatient*innen jeweils zum richtigen Zeitpunkt die angemessene Behandlung in der richtigen Versorgungseinrichtung erhalten und die Therapie leitliniengerecht verläuft.

„Für den gesamten Versorgungsprozess übernimmt die/der behandlungsführende Ärztin/Arzt die Koordination und hat eine klare Vorgabe, was bei hartnäckigen Problemen die nächsten Schritte sind. Das heißt, die Fäden laufen immer an einer Stelle zusammen und für Betroffene ist die Vorgangsweise transparent“, erklärt Dr.Stromer.

Umsetzung rasch vorantreiben, Bundesländer gefragt

Damit der Qualitätsstandard in der Praxis ankommt, braucht es passende Angebote in ganz Österreich. Über den „Österreichischen Strukturplan Gesundheit“ soll der Qualitätsstandard den Weg in die Regionalen Strukturpläne finden, also in das zentrale Instrument zur Planung von Strukturen und Angeboten im Gesundheitswesen der einzelnen Bundesländer. Diese entscheiden letztendlich darüber, ob der festgeschriebene Qualitätsstandard auch bei den Rückenschmerzpatient*innen ankommt und eine praktische Verbesserung der wohnortnahen Schmerzversorgung gelingt.

 „Erfreulich ist, dass politisch und organisatorisch Verantwortliche unser Bemühen unterstützen. Das ist angesichts der aktuellen Lage keine Selbstverständlichkeit. Für die weitere gute Zusammenarbeit ist es dabei gewiss von Vorteil, dass auch der heutige Gesundheitsminister Dr. Wolfgang Mückstein bereits als externe Begutachter in die Erstellung des Qualitätsstandards eingebunden war“, unterstreicht Dr. Stromer.

Hochspezialisierte Zentren etablieren

„Eine Möglichkeit, dieses abgestufte Versorgungsmodell österreichweit effektiv umzusetzen, besteht darin, eigene tagesklinische Strukturen aufzubauen, um in jedem Bundesland ein hochspezialisiertes Zentrum der 3. Versorgungsstufe zu etablieren. Alternativ könnten jedoch auch die bereits vorhandenen Reha-Kliniken genutzt werden“ erklärt ÖSG-Past-Präsident Mitrovic.

Viele chronische Rückenschmerzpatient*innen nehmen bereits eine Rehabilitation in Anspruch. Die Behandlungsprogramme sind jedoch nicht spezifisch und individuell genug ausgerichtet. Wirksame, intensive und multimodale Behandlungsprogramme ließen sich gut in bestehende Reha-Strukturen integrieren. Programme und personelle Ressourcen müssten entsprechend angepasst werden.

In den nächsten Jahren könnten auch für andere Schmerzerkrankungen solche Qualitätsstandards nachfolgen – etwa für die Schmerzbehandlung geriatrischer Patient*innen oder für die strukturierte Behandlung von Schmerzen, die durch Arthrose oder Kopfschmerzen verursacht werden.

Bericht: Dr. Stefan Wolfinger

Quellen: Statistik Austria, Österreichische Gesundheitsbefragung 2019: https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/gesundheitszustand/chronische_krankheiten/index.html; BMSGPK 2020: Qualitätsstandard Unspezifischer Rückenschmerz. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Gesundheitssystem/Gesundheitssystem-und-Qualitaetssicherung/Qualitaetsstandards/Qualitaetsstandard-Unspezifischer-Rueckenschmerz.html

Erscheint in den Schmerz Nachrichten 1/2022


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