Ratgeber: Rückenschmerzen vorbeugen und aktiv behandeln

Welche Therapien bei unspezifschen Rückenschmerzen wirken,  wie man Schmerzen vorbeugen kann und was die Betrofenen selbst zur Schmerzlinderung beitragen können, erklärt Univ.- Prof. Dr. Richard Crevenna in einem neuen Ratgeber.


Rund 1,9 Millionen Menschen in Österreich leiden an chronischen Kreuz- oder Rückenschmerzen. Etwa 80 % davon sind unspezifische Rückenschmerzen, also Beschwerden, für die kein bestimmter gefährlicher Auslöser feststellbar ist, etwa Bandscheibenvorfall, Knochenbrüche, Osteoporose, Tumoren oder bestimmte Infektionserkrankungen. „Die gute Nachricht ist, dass unspezifische Rückenschmerzen gut behandelbar sind und die Patient*innen viel selbst dazu beitragen können, um die Schmerzen zu lindern und wieder fit zu werden“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Leiter der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien/AKH Wien.

Univ.-Prof. Dr. Richard Crevenna, Leiter der Universitätsklinik für Physikalische Medizin, Rehabilitation und Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien/AKH Wien
© Marko Kovic

Prof. Crevenna hat gemeinsam mit einem Team von Rückenschmerz-Spezialist*innen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in einem Buch zusammengefasst. Der Ratgeber richtet sich sowohl an medizinische Fachkräfte als auch an interessierte Laien und Betroffene.

Die häufigsten Auslöser für die Beschwerden im Rücken oder Kreuz (dem Bereich unterhalb des Rippenbogens und oberhalb der Gesäßfalten) sind Bewegungsmangel, negativer Stress sowie degenerative Veränderungen wie Abnutzung oder Verschleiß. „Es können aber auch viele andere Ursachen in Frage kommen. Rückenschmerzen müssen daher mit interdisziplinären Therapiekonzepten behandelt werden“, sagt Prof. Crevenna. Die Behandlungen sollten mit den in der 2018 vom österreichischen Gesundheitsministerium herausgegebenen „Leitlinie Kreuzschmerz“ (https://www.oegari.at/web_files/dateiarchiv/editor/leitlinie_unspezifisicher_kreuzschmerz_2018.pdf) empfohlenen Maßnahmen erfolgen.

Wichtig ist auch, dass es bei unspezifischen Rückenschmerzen zu keiner Überbehandlung mit unnötiger weiterführender Diagnostik und Therapien kommt. „Auf eine primäre Krankschreibung kann verzichtet werden. Bettruhe und Inaktivität sind kontraproduktiv“, betont Prof. Crevenna. Die Behandlung umfasst medikamentöse Schmerztherapie mit Analgetika und Muskelrelaxanzien, physikalisch-medizinische Maßnahmen wie Bewegungs- und Trainingstherapie sowie Wärmeanwendungen verschiedenster Applikationsart. „Bewegung ist dabei das Um und Auf, weil sie die Schmerzsituation nachweislich verbessert. Regelmäßige körperliche Aktivität kann gegen Rückenschmerzen eingesetzt werden wie ein Medikament“, sagt Prof. Crevenna.

Therapie von chronischem Rückenschmerz

„Chronische Rückenschmerzen sind ein Fall für die physikalische Medizin und die sogenannte interdisziplinäre Schmerzmedizin, die Schmerzen und deren Chronifizierung als Folge biopsychosozialer Faktoren sieht. Diese hat die umfassende Behandlung der durch Schmerz eingeschränkten körperlichen, psychischen und sozialen Funktionen der betroffenen Menschen zum Ziel“, sagt der Experte. Dazu zählen unter anderem eine Verbesserung der Fitness, der Belastungskapazität, der Koordination und Körperwahrnehmung sowie eine bessere Kontrolle der individuellen Belastungsgrenzen. Psychotherapeutische Interventionen sollen die emotionalen Beeinträchtigungen der Patient*innen verbessern, deren auf Schonung ausgerichtetes Krankheitsverhalten verändern und zu einer positiveren Einstellung in Bezug auf Aktivität und Arbeitsfähigkeit führen.

Betrofene können auch selbst sehr viel zur Linderung und Vorbeugung von Kreuz- und Rückenschmerzen beitragen. Dies reicht von einfachen physikalischen Maßnahmen wie Wärmeapplikation bis zu gezielten Übungen, die im Rahmen einer Bewegungs- und Trainingstherapie Rückenschmerzen lindern und einem Wiederauftreten vorbeugen können. Vorbeugend gegen Rückenschmerz wirkt auch die ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes.

Ebenfalls wichtig ist, durch eine gute Work-Life-Balance für Entspannung zu sorgen. Auch ausreichend Schlaf und eine richtige Liegeposition beeinflussen die Rücken- und Wirbelsäulengesundheit positiv.

Bericht: Dr. Stefan Wolfinger

erschienen in Schmerz Nachrichten 04/2022


Buchtipp: Richard Crevenna: „Rückenschmerzen – vorbeugen und aktiv behandeln“; Reihe Gesundheit.Wissen; MedUni Wien im MANZ Verlag, 2022; ISBN 978-3-214-02529-8


21. Österreichische Schmerzwochen

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