Schmerztherapie bei Kindern: „Ich habe die Nase voll von meinen Schmerzen“

Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit rheumatischen Erkrankungen ist es besonders wichtig, über deren Schmerzen zu sprechen. Worauf es den Betroffenen bei der Kommunikation ankommt, hat eine Studiengruppe zusammengetragen.

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Über Schmerzen zu reden, sollte ein integraler Bestandteil der klinischen Konsultation sein, insbesondere in der pädiatrischen Rheumatologie. Ziel einer Studie [1] aus dem Vereinigten Königreich und den USA war es, die Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in puncto Schmerzkommunikation in der pädiatrischen rheumatologischen Sprechstunde zu ermitteln. Dazu wurden 26 Erkrankte zwischen sechs und 18 Jahren von den Forschenden um Dr. Rebecca Rachel Lee von der University of Manchester ausführlich befragt. Zu den Diagnosen der Kinder und Jugendlichen gehörten die juvenile idiopathische Arthritis (n = 16), chronische idiopathische Schmerzsyndrome (einschließlich komplexes regionales Schmerzsyndrom, n = 5) und das Ehlers-Danlos-Syndrom (n = 5).

Die Kinder und Jugendlichen waren einhellig der Meinung, dass es wichtig sei, von den pädiatrisch-rheumatologischen Fachkräften nach ihren Schmerzen befragt zu werden. Dies sei Teil ihrer Arbeit und würde dazu beitragen, dass es Kindern und Jugendlichen mit Schmerzen „besser geht“. Das Fachpersonal sollte in der Lage sein, zu sehen, wie sich die Schmerzen verändert haben. Ihre Schmerzberichte seien nach Meinung der Befragten außerdem wichtig, um anderen Kindern und Jugendlichen mit ähnlichen Schmerzzuständen zukünftig besser helfen können.

Wie wichtig sind die Eltern?

Was die Rolle der Eltern bei den Terminen angeht, gab es unterschiedliche Ansichten: Einige Kinder und Jugendliche empfanden ihre Anwesenheit als problematisch, insbesondere diejenigen, die ihren Eltern nicht das ganze Ausmaß ihres Schmerzes offenbaren wollten: „Das ist mein Termin, da sollte ich sprechen. Meine Mutter weiß nicht, welche Schmerzen ich habe“, so eine 18-jährige Patientin. Für andere Kinder und Jugendliche waren die Eltern die wichtigste Personen, denen sie von ihren Schmerzen erzählten, was die Eltern zu wertvollen Informationsquellen bei der Schmerzberichterstattung machte.

Es ist wichtig, dass im Laufe des Gesprächs auch nach anderen Dingen wie z.B. Hobbys gefragt wird.

Bei der Messung des Schmerzes, etwa auf einer Skala von eins bis zehn, taten sich viele der Teilnehmenden schwer, da sich der Schmerz vieler Patient:innen ständig veränderte. Manchen war es auch passiert, dass ihre Angaben oder ausgefüllte Fragebögen unkommentiert blieben, was sie als negativ empfanden.

Nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen

Die Befragten gaben außerdem an, dass sie es nicht mögen, wenn gleich die erste Frage die nach den Schmerzen sei. „Ich möchte mit dem Thema nicht gleich zuerst konfrontiert werden. Ich möchte mir damit Zeit lassen“, gab eine 18-Jährige an. Die Teilnehmenden waren zudem frustriert, wenn sie das Gefühl hatten, dass das Gegenüber ihnen nicht die Zeit gab, das zu sagen, was sie über Schmerzen sagen wollten. Andererseits ist es laut den Studienautor:innen und auch wichtig, dass sich die Kinder und Jugendlichen nicht gezwungen fühlen, über Schmerzen Auskunft zu geben, wenn ihnen nicht danach ist. Hinzu komme, dass manche Kinder und Jugendliche nicht wüssten, wie sie ihre Schmerzen beschreiben sollten, und unsicher seien, welche Terminologie sie verwenden sollten.

Das Fachpersonal sollte in der Lage sein, zu sehen, wie sich die Schmerzen verändert haben.

Die Befragten sprachen auch darüber, wie sie sich manchmal „nervös“ und „ängstlich“ fühlten, wenn sie von ihren Schmerzen berichteten. „Es gab Zeiten, in denen ich meine Schmerzen nicht erwähnen wollte … weil ich den Stress nicht wollte, zu wissen, dass möglicherweise noch etwas anderes mit mir nicht stimmt“, sagte ein 18-jähriges Mädchen. Gespräche über Schmerzen wurden von einigen Teilnehmer:innen auch als beunruhigend empfunden, da sie dabei daran erinnert werden, dass ihre Schmerzen sie für den Rest ihres Lebens begleiten werden. „Ich weiß, wenn ich älter bin, werde ich wahrscheinlich einen Gelenkersatz brauchen. Ich spüre jetzt schon, wie meine Gelenke knirschen. Daran muss ich immer denken“, so das Statement einer 17-Jährigen. „Ich habe die Nase voll von meinen Schmerzen und will nicht mehr darüber reden“, sagte ein 10-jähriger Junge.

Es sei wichtig, dass im Laufe des Gesprächs auch nach anderen Dingen als nur den Schmerzen gefragt werde, z. B. nach Hobbys, da dies ein „freundliches Umfeld“ schaffe. Die Teilnehmenden sprachen davon, wie wichtig es sei, Mut zuzusprechen, wenn sie über Schmerzen berichten. Dazu ein neunjähriges Mädchen: „Manchmal möchte ich einfach nur gesagt bekommen, dass es okay ist, einen schlechten Tag zu haben.“ Die Gespräche erleichterten die Kinder und Jugendlichen und vermittelten ihnen das Gefühl, dass sich die Fachkräfte für sie interessierten. Es sei wichtig, sich nicht als Last zu fühlen, gaben sie an.

Das sollten Sie beachten

Folgende Tipps haben Lee und ihr Team bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Schmerzen zusammengetragen:

  • Fragen Sie bei jeder Konsultation nach den Schmerzen, da Kinder und Jugendliche dies im Allgemeinen erwarten.
  • Erlauben Sie dem Kind/Jugendlichen, erst einmal, warm zu werden, bevor Sie anfangen, Fragen speziell zu Schmerzen zu stellen.
  • Fragen Sie nach mehr als einer durchschnittlichen Schmerzbewertung, um zeitliche Unterschiede zu berücksichtigen. So können beispielsweise auch Schmerzen zu verschiedenen Tageszeiten/Wochen und/oder Schmerzen vor, während und/oder nach bestimmten Aktivitäten abgefragt werden.
  • Schlüsseln Sie Fragen zu Schmerzen in verschiedene Komponenten auf, fragen Sie z. B. nach Ort, Intensität, Eigenschaften und Beeinträchtigung, anstatt allgemein nach Schmerzen zu fragen.
  • Erkunden Sie die Präferenzen vor allem bei Jugendlichen, ob die Eltern bei den Terminen einbezogen werden sollen oder nicht.
  • Vermeiden Sie es, Informationen über Schmerzen zu erzwingen.
  • Sprechen Sie in einem ausgewogenen Verhältnis über Schmerzen und fragen Sie nach nicht-medizinischen Themen wie Hobbys/Interessen.
  • Fragen Sie die Kinder und Jugendlichen nicht nur nach ihren körperlichen Einschränkungen, sondern auch danach, wie sich der Schmerz auf ihre emotionale und kognitive Entwicklung auswirkt.
  • Achten Sie darauf, dass die Terminologie dem Entwicklungsstand des Kindes/Jugendlichen entspricht und vergewissern Sie sich, dass das für die Schmerzerläuterungen verwendete Vokabular mit ihren eigenen Beschreibungen und Erklärungen übereinstimmt, indem Sie sie fragen, was sie unter bestimmten Begriffen verstehen.
  • Geben Sie klare und maßgeschneiderte Ratschläge zum Schmerzmanagement (z. B. was für das Kind/den Jugendlichen als zu viel oder zu wenig Aktivität gilt).
  • Erfragen Sie, wie die Kinder und Jugendlichen ihre eigenen Grenzen wahrnehmen und wie sie ihrer Meinung nach am besten mit ihren Schmerzen umgehen könnten.

Literatur

1. Lee RR et al (2022) „That’s what makes me better“: Investigating children and adolescents’ experiences of pain communication with healthcare professionals in paediatric rheumatology. Eur J Pain; https://doi.org/10.1002/ejp.2043

Quelle: Dr. Nicola Zink, SpringerMedizin.de