Studie bestätigt Einfluss von Wetterschwankungen auf Migräne

Wetterschwankungen haben einen Einfluss auf eine Untergruppe von Patient:innen mit Migräne. Dies wird durch eine retrospektive Studie bestätigt, die auf dem diesjährigen Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Budapest vorgestellt wurde.

© solidcolours / Getty Images / iStock

Die Forscher:innen vom Kopfschmerzzentrum des Universitätskrankenhauses Policlinico Agostino Gemelli in Rom sammelten die klinischen Daten von 1.742 Patient:innen, die sich zwischen März 2010 und März 2012 mit Migräne mit (n = 127) oder ohne Aura (n = 1615) in der Notaufnahme vorstellten. Anschließend korrelierten sie diese mit den Wetterdaten des italienischen nationalen Wetterdienstes für denselben Zeitraum – mit interessanten Resultaten.

Das Team fand heraus, dass eine Untergruppe von Migränepatient:innen sehr empfindlich auf Schwankungen meteorologischer Faktoren reagiert und dass die Anzahl der Aufnahmen in der Notaufnahme direkt mit dem Temperaturanstieg im Vergleich zum Vortag korreliert. Darüber hinaus stehen Einweisungen auch im Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit und dem Luftdruck, jeweils zwei Tage vor der Migräneattacke. Die absolute Temperatur spielte eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr wurden die einzelnen Attacken im zweijährigen Studienzeitraum vor allem durch plötzliche Wetterveränderungen, unabhängig von der absoluten Temperatur, hervorgerufen. Die Forscher:innen stellten die Hypothese auf, dass jede Variation der Wetterparameter die neuronale Erregbarkeit des trigeminalen Gefäßsystems direkt oder damit verbundener Strukturen beeinträchtigen und so den Ausbruch von Anfällen erleichtern könnte.

Bestätigung eines Mythos

In der Vergangenheit haben bereits mehrere klinische Studien den Zusammenhang zwischen Migräne oder anderen Formen primärer Kopfschmerzen und Umweltfaktoren wie Wetterbedingungen untersucht. Die meisten versuchten eine Korrelation zwischen dokumentierten Migräneattacken und dem Wetter zu finden, wobei der Schwerpunkt auf Variablen wie barometrischen Veränderungen, Blitz, Temperatur und Niederschlag lag. Auch die italienische Studie wollte den Einfluss meteorologischer Parameter auf Migräneattacken bestätigen. Das Aufsuchen der Notaufnahme sei laut Sottani und Kolleg:innen ein Hinweis darauf, dass die Patient:innen einen besonders schweren Anfall oder einen Anfall mit anderen Symptomen hatten. Ihnen zufolge könnte es aber ebenso bedeuten, dass die regulär verordneten Migränemedikamente bei Wetterschwankungen nicht mehr bzw. zu schwach wirken.

Globale Wetterphänomene als denkbarer Trigger

Obwohl sich die Studie ausschließlich auf die mit den Migräneattacken einhergehenden Wetterbedingungen konzentrierte, sei durchaus anzunehmen, dass die globale Erwärmung generell negative Auswirkungen auf Migräne, Kopfschmerzerkrankungen sowie neurologische Erkrankungen haben könnte. Darauf deutet zumindest ein kürzlich in der Fachzeitschrift Neurology publizierter Artikel hin, welcher zeigte, dass extreme Temperaturspitzen und -schwankungen sowohl mit der Häufigkeit und Schwere von Schlaganfällen und Migränekopfschmerzen als auch Krankenhausaufenthalten bei Patient:innen mit Demenz und Exazerbationen von multipler Sklerose verbunden sind. Dem Team um Sottani gelang es zwar nicht, einen spezifischen Phänotyp der Migränepatient:innen zu identifizieren, die überwiegende Mehrheit waren jedoch Frauen (1.052 Frauen vs. 563 Männer) mit einem Durchschnittsalter von 37 Jahren, was die weltweite Prävalenz von Migränekopfschmerzen mit oder ohne Aura in der Allgemeinbevölkerung widerspiegelt.

Resümee

Italienische Forscher:innen bestätigen einen klaren Zusammenhang zwischen meteorologischen Schwankungen und Migräne, indem sie die Wetterdaten mit klinischen Daten korrelieren, die im Rahmen der Notfallversorgung erfasst wurden. Die retrospektive Studie untersuchte fast 2000 Patient:innen, die über einen Zeitraum von zwei Jahren in die Notaufnahme eines Universitätsklinikums eingeliefert wurden – einem der längsten Zeiträume in der Geschichte der Migräneforschung.

Bericht: Mag. Christopher Waxenegger

Quelle: ePoster/ePresentation: Weather impact on migraine: an Emergency Department retrospective study, presented at EAN 2023, 9th Congress of the European Academy of Neurology, Budapest (Hungary).

Erschienen in Schmerz Nachrichten 3/2023