Tumorschmerzen wirkungsvoll bekämpfen: Aktuelle Ansätze in der onkologischen Schmerztherapie

Pressemitteilung zu den 20. Österreichischen Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft

75 Prozent aller Krebspatientinnen und Krebspatienten leiden unter teilweise heftigen Schmerzen – nicht selten auch über die Krebsbehandlung hinaus. Die Schmerztherapie in der Onkologie hat sich in den letzten Jahrzehnten stark weiter entwickelt. Eine aktuelle Publikation fasst wesentliche Kriterien einer erfolgreichen Schmerzbehandlung zusammen.

Bei Krebspatientinnen und -patienten treten Schmerzen häufig und heftig auf: Etwa drei von vier Betroffenen leiden an Schmerzen, bei 30 bis 60 Prozent fallen die Beschwerden stark bis sehr stark aus. „Eine früh und adäquat eingesetzte Schmerztherapie kann aber die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten deutlich verbessern und in einem palliativen Kontext sogar lebensverlängernd wirken“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc, Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), anlässlich der Österreichischen Schmerzwochen der ÖSG. Seit 20 Jahre informiert die Fachgesellschaft im Rahmen der Österreichischen Schmerzwochen über die neuesten Entwicklungen in der Schmerzmedizin.

„Goldstandard“ mit Modifikationsbedarf

Lange galt das WHO-Stufenschema als Goldstandard der onkologischen Schmerzbehandlung. Bereits nach sechs Tagen korrekter Anwendung lassen sich bei etwa 90 Prozent der Patienten die Beschwerden auf ein erträgliches Maß reduzieren. Dennoch hatte das ursprünglich WHO-Stufenschema auch seine Schwächen – etwa dass zehn Prozent der Patienten nicht ausreichend auf das schrittweise Vorgehen ansprechen. „Das Stufenschema wurde daher modifiziert und berücksichtigt nun auch nichtmedikamentöse Maßnahmen. Insgesamt ist die moderne Schmerztherapie in der Onkologie komplexer geworden“, berichtet Prof. Likar. Vor kurzem hat eine aktuelle Publikation wesentliche Prinzipien für die Therapie von Tumorschmerzen zusammengefasst.

Lokale Schmerztherapie und Physiotherapie einbeziehen

Es müssen nicht immer Medikamente sein, die den ganzen Körper belasten. Bei Schmerzen an einer bestimmten Körperstelle helfen auch lokale Therapie-Optionen, die wenig bis gar keine Nebenwirkungen aufweisen, zum Beispiel Infiltrationen, Schmerzgels oder -pflaster. Bei einzelnen Knochenmetastasen sollte auch eine Radiotherapie in Betracht gezogen werden – 60 Prozent der Betroffenen sprechen darauf an. Auch gezielte physiotherapeutische Interventionen können helfen und Patientinnen und Patienten das Gefühl geben, etwas für sich tun zu können.

Gleich zu stärkeren Medikamente greifen – aber niedriger dosieren

Tumorexperten empfehlen auch, die zweite WHO-Stufe (schwach wirksame Opioide) zu überspringen und bei ungenügender Wirkung der ersten Stufe direkt zur dritten Stufe (starke Opioide) zu wechseln. „In niedrigen Dosierungen weisen die Stufe-3-Opiate nicht mehr Nebenwirkungen auf als Medikamenten der Stufe 2. Ist doch eine höhere Dosierung nötig, bleiben dem Patienten ein Präparatewechsel und damit eine Neueinstellung erspart“, so Prof. Likar. Auch Koanalgetika wie Antidepressiva und Pentinoide haben inzwischen ihren festen Platz in der Behandlung von Tumorschmerzen. Bei Paracetamol, einem Arzneimittel der ersten WHO-Stufe, wird die analgetische Wirkung insbesondere bei starken Schmerzen häufig überschätzt, heißt es in der aktuellen Publikation. Zur Behandlung von Tumorschmerzen reicht es selten aus.

Schmerzspitzen intensiv, aber möglichst kurz behandeln

Vielen Krebspatientinnen und -patienten haben mit akuten Schmerzspitzen zu kämpfen, dem so genannten Durchbruchsschmerz. Auch hier sollten regional- oder lokalanalgetische Verfahren zum Einsatz kommen. Als sehr wichtige Methode sieht Prof. Likar hier nicht retardierte Opioide der WHO-Stufe III, sogenannte Rapid-Onset-Opioide (ROO). „Diese wenden die Patienten bei Einsetzen der Schmerzattacke selbst an, zum Beispiel in Form von Buccaltablette, die sich in der Mundhöhle auflösen. Bereits nach wenigen Minuten erreicht der Wirkstoff so seine maximale Wirkstärke“, so Prof. Likar. „Andererseits hält die Wirkung nur kurz an, was ebenfalls den Charakteristika von Durchbruchschmerzen entspricht.“

Eine Option stellt eine intravenöse, patientenkontrollierte Analgesie eine Option dar – die Patientin oder der Patient kann selbst mit einer Schmerzpumpe die Dosierung soweit erhöhen, bis der Schmerz erträglich ist. „Akute Schmerzen erfordern eine intensive Behandlung, auch was die Opioid-Dosis betrifft. Die Therapie sollte aber möglichst kurz sein“, unterstreicht Prof. Likar.

Opioide bei Langzeittumorschmerzen

Der Umgang mit den hochwirksamen Opioiden erfordert ein umsichtiges Vorgehen, ganz besonders gilt dies in der Langzeitanwendung. „Dank der medizinischen Fortschritte überleben immer mehr Krebspatientinnen und -patienten. Sehr oft leiden sie aber danach an chronischen Schmerzen infolge der Behandlung“, berichtet Prof. Likar. Im Durchschnitt sind es 28 Prozent der Patientinnen und Patienten, nach einer Brustkrebsbehandlung kann die Schmerzrate aber auch bei bis zu 84 Prozent liegen. Mit Blick auf mögliche Abhängigkeit und Nebenwirkungen sollte kritisch überprüft werden, in der Langzeitanwendung Opioide sinnvoll sind und wann besser Alternativen einzusetzen sind.

Quelle: Ruppen, W., Schneider, T. Moderne Schmerztherapie in der Onkologie. Wien Klin Mag 23, 142–147 (2020). https://doi.org/10.1007/s00740-020-00342-4


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